"Es gibt den schönen Spruch: Ein Event kann man erleben." Doch wie schafft man Erlebnisse in Zeiten von remote working und virtuellen Events? Franziska Böhm ist Leiterin des Eventteams von P7S1 und blickt mit uns auf die letzten Monate zurück. Welche Herausforderungen sie und ihr Team gemeistert haben, wie sie es im veränderten Arbeitsalltag schafft, ihr Team zu motivieren und was die Corona-Krise die Eventbranche gelehrt hat, verrät sie uns in diesem Interview.

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Katrin Dusel

Events in Zeiten von Corona? Ein Interview mit Franziska Böhm

"Es gibt den schönen Spruch: Ein Event kann man erleben." Doch wie schafft man Erlebnisse in Zeiten von remote working und virtuellen Events? Franziska Böhm ist Leiterin des Eventteams von P7S1 und blickt mit uns auf die letzten Monate zurück. Welche Herausforderungen sie und ihr Team gemeistert haben, wie sie es im veränderten Arbeitsalltag schafft, ihr Team zu motivieren und was die Corona-Krise die Eventbranche gelehrt hat, verrät sie uns in diesem Interview.

Liebe Franzi, du bist Leiterin des Eventteams bei P7S1. Wie müssen wir uns einen typischen Arbeitstag bei dir vorstellen? 

Event Management klingt immer wahnsinnig glamourös, aber mein Arbeitsalltag unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem vieler anderer KollegInnen. Hauptsächlich besteht er aus vielen Terminen. Dazu kommen Emails, Präsentationen, Angebote, Kostenvoranschläge, etc.. Da wir immer wieder andere Projekte planen und mit Partnern (intern und extern) im Austausch sind, ist es aber immer abwechslungsreich und spannend und kaum ein Tag gleicht dem anderen.

Wie hat sich dein Arbeitsalltag in den letzten Monaten im Detail verändert? 

Wie die meisten MitarbeiterInnen bei P7S1 gehe ich nicht mehr ins Büro und sehe somit meine KollegInnen auch nicht mehr live. Bei uns gab es schon vor März 2020 viele Tage (manchmal sogar Wochen), an denen sich das Team aufgrund von Veranstaltungen, externen Terminen, Vorbesichtigungen und Gewerkemeetings nicht gesehen hat. Nachdem wir es auch gewöhnt sind, unseren Laptop in Produktionsbüros oder an anderen Orten aufzuklappen, war remote arbeiten auch keine große Umstellung. Normalerweise machen wir das aber auch nur tage- und nicht monateweise.

Neben persönlichen Veränderungen: Welche Neuerungen beobachtest du in der Eventbranche?

Interessant ist für unsere Branche natürlich, wie sich die Events verändern und welche Veranstaltungen in digitaler Variante gut oder eben nicht so gut performen. Veranstaltungen mit Info-Charakter funktionieren aus unserer Erfahrung der letzten Monate wunderbar in digitaler Form. Den TeilnehmerInnen ist es dabei, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort, möglich sich zu beteiligen. Außerdem ist es für alle ein deutlich geringeres zeitliches und finanzielles Engagement: Man muss nicht mehr sehr früh am Morgen in den Flieger steigen, um zu einem zweistündigen Event zu fliegen. Stattdessen kann man diese zwei Stunden effizient nutzen. Was bei dieser Art der Veranstaltung natürlich fehlt, ist der persönliche Kontakt und Austausch. Es gibt eben wie immer Vor- und Nachteile solcher Eventformate. Da unsere digitalen Veranstaltungen häufig in unseren Studios stattfinden, habe ich die Möglichkeit hin und wieder mal am Campus zu sein und bei dieser Gelegenheit ein paar der KollegInnen zu Gesicht zu bekommen – das ist dann schon ein schönes Highlight. (lacht)

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Studio als Location für digitale Events; Quelle: prosieben.de

Wie funktioniert die digitale Zusammenarbeit mit deinem Team? 

Ich habe ein großartiges Team, das die Umstellung im vergangenen Jahr hervorragend gemeistert hat. Wahrscheinlich auch, weil wir es eben schon gewöhnt waren, dass nicht immer alle zur gleichen Zeit am selben Ort sind. Das daily business funktioniert wunderbar und es ist ja auch ganz toll und nicht selbstverständlich, dass wir in den letzten Monaten in einer derart sicheren und geschützten Umgebung ohne größere Unterbrechungen oder Anfangsschwierigkeiten aus dem Homeoffice weiter unserer Tätigkeit nachgehen konnten. Trotzdem freuen wir uns natürlich sehr darauf, wenn wir die Kollegen und den Campus wieder regelmäßiger sehen.

Welche Schwierigkeiten habt ihr im Alltag zu meistern?

Bei uns spielen Dynamik und Kreativität natürlich eine große Rolle. Während man sich im Büro mal kurz von Schreibtisch zu Schreibtisch etwas zurufen oder bei einem Kaffee/ beim Mittagessen gemeinsam brainstormen kann, ist das digital nicht immer ganz so einfach. Wir haben unseren Rhythmus gefunden: Neben unseren Teammeetings haben wir auch unsere Social Events, in denen wir auch mal über Privates und jobfremde Themen sprechen. Das Team weiß aber auch, dass sie mich jederzeit anrufen können, um ein Anliegen zu besprechen.

Gibt es auch Vorteile, die sich aus dieser Umstellung ergeben haben?  

Im März letzten Jahres hat mit Sicherheit keiner von uns mit einem solchen Ausmaß der Pandemie gerechnet, doch mittlerweile sind wir uns der langfristigen Veränderungen bewusst. Wir haben im vergangenen Jahr gezeigt, was man von Zuhause aus bewegen kann und zu was wir fähig sind. Und ich glaube, 2020 war für fast alle von uns auch ein wahnsinnig lehrreiches Jahr. Viele Bereiche haben eine enorme Beschleunigung erfahren und es haben sich viele neue Chancen ergeben – auch für den Veranstaltungsbereich. Trotzdem sollte man darauf achten, dass es zu keiner Überflutung durch digitale Events kommt. Teilweise erhält man mehrere Veranstaltungseinladungen pro Tag und weiß überhaupt nicht, wie man die Zeit finden soll, an all diesen Veranstaltungen teilzunehmen. Wichtig ist immer, dass das Event (egal ob physisch oder digital) eine klar definierte Zielsetzung hat und diese erfüllt wird, so dass den Teilnehmern ein echter Mehrwert geboten wird – also lieber weniger, dafür gute und sinnvolle virtuelle Events.

Du hast von langfristigen Veränderungen gesprochen: Welche Dinge werdet ihr auch in Zukunft beibehalten?

Gerade in unserer Branche wird sich in Zukunft ein gesunder Mix aus virtuellen Veranstaltungen und Events, die vor Ort stattfinden, herausbilden und wir werden immer genau abwägen, welches Format für welche Veranstaltung sinnvoll ist. Die Frage ist doch immer, was man mit einem Event erreichen möchte: Fachvorträge, bei denen es nur um den Informationsgehalt geht, können super virtuell stattfinden. Bin ich aber am Get-Together und Networking im Nachgang interessiert, dann ist das live und in Farbe unbestritten besser. Es gibt den schönen Spruch: „Ein Event kann man erleben.“ Und gewisse Sinne kann ich mit einem digitalen Event einfach nicht ansprechen.

Quasi über Nacht musste das komplette Eventgeschäft digitalisiert werden. Was war die größte Herausforderung – besonders zu Beginn?  

Wir haben schon Anfang März begonnen, darüber nachzudenken, ob wir diese oder jene Veranstaltung überhaupt noch ausrichten können und haben dies auch intensiv mit unseren KundInnen diskutiert. Ein Beispiel dafür war unsere Jahreshauptversammlung, denn die Planung einer solchen Großveranstaltung benötigt eine lange Vorlaufzeit. Erstmal war es also eine große Herausforderung, abzuwägen, ob Veranstaltungen durchgeführt werden können und welche alternativen Konzepte es gibt. Wie können wir außerdem Stornokosten vermeiden? Und welche Rechte hat man in einer derartigen Ausnahmesituation?  All diese Fragen galt es zunächst zu klären. Nach dieser sehr bürokratischen Anfangsphase haben wir uns schnell gefangen und gemerkt: Wir haben mit unseren Studios und den Kollegen aus der Produktion eine super Infrastruktur, auf die wir zurückgreifen können und die uns gegenüber anderen Unternehmen bei digitalen Events einen klaren Startvorteil verschaffen. Jetzt müssen wir eine Basis schaffen, mit der wir bestimmte Events trotzdem organisieren können, auch wenn sie anders stattfinden als wir es geplant haben. Plötzlich war die Frage nicht mehr, welche Blumen passen in das Farbkonzept der Veranstaltung, sondern, was ist technisch die beste Lösung für einen reibungslosen Ablauf.

Wenn du das letzte Jahr nochmal Revue passieren lässt: Was ist dein persönliches Learning 2020? 

Ich denke, wir haben alle viel aus dieser Zeit gelernt – sowohl beruflich als auch privat. Wir haben gemerkt, wie wichtig unser Umfeld für uns ist und wie schwer es ist, auf alltägliche Dinge wie Restaurantbesuche, Umarmungen oder ähnliches zu verzichten. Ich freue mich wirklich wahnsinnig darauf, wenn diese Dinge, die früher so normal waren, wieder möglich sind, man wieder verreisen, Essen gehen, Freunde treffen und Sport (alles außer Spaziergehen) machen kann. Ein professionelles Learning ist: WOW! Es ist unglaublich, wie viel eigentlich möglich ist und wie viel wir trotz der widrigen Umstände möglich gemacht haben. Es ist großartig und beeindruckend, wie wir es geschafft haben, in dieser Zeit digital zusammenzuarbeiten und was für einen Spirit wir dabei weiterhin hatten. Wir haben es gemeinsam geschafft; auch an schlechten Tagen hat jeder von uns sein Bestes gegeben, damit wir diese Zeit gemeinsam durchstehen. Außerdem haben wir gelernt, dass wir nicht immer und überall vor Ort sein müssen. Stattdessen können wir einfach sagen: „Ich schalte mich heute mal dazu.“ Aber es fehlt natürlich der persönliche Austausch mit KollegInnen und DienstleisterInnen und die direkte Rückmeldung von TeilnehmerInnen/ GästInnen. Das erste Event, das wieder physisch stattfinden kann, wird auf alle Fälle gefeiert.