„Man muss normalisieren, um Normalität zu schaffen!” 

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Katrin Dusel

Queer im Job: Benjamin Bieneck im Interview

„Man muss normalisieren, um Normalität zu schaffen!” 

 

Als Chefreporter VIP interviewt Benjamin (Benji) Bieneck regelmäßig die Stars und Sternchen der Unterhaltungsbranche. Im Interview unserer „Queer im Job”-Reihe dreht unsere Redakteurin den Spieß heute um und stellt Benji ihre Fragen. Wie sein Leben möglicherweise ohne den entsprechenden Rückhalt verlaufen wäre, was er sich im Umgang mit LGBTIQ+ wünscht und von welchem verborgenen Talent nur die wenigsten wissen, verrät er hier.


Das Interview führte Alina Haidacher

 

Lieber Benji, lass uns mit einer kurzen Vorstellung beginnen. Wer bist du und was machst du bei ProSiebenSat.1?

Sehr gerne! Ich bin Benji und arbeite seit vielen Jahren als Chefreporter VIP für taff. Außerdem stehe ich für das SAT.1 Frühstücksfernsehen vor der Kamera. Eigentlich habe ich mal Jura studiert und sogar das erste Staatsexamen abgeschlossen. Allerdings habe ich schnell festgestellt, dass mir die Arbeit fürs Fernsehen viel mehr Spaß macht. (lacht)

Wir freuen uns sehr, dich heute als Teil unserer „Queer im Job“-Interviewreihe begrüßen zu dürfen. Wo würdest du dich selbst auf dem LGBTIQ+ Spektrum einordnen?

Vor der Kamera thematisiere ich das zwar nicht explizit, aber ich stehe ganz klar zu meiner sexuellen Identität. Ich bin schwul und privat wie beruflich geoutet.

In unseren bisherigen Interviews dieser Reihe haben wir mit unseren Gesprächspartner:innen oft diskutiert, ob es ein Outing heutzutage noch braucht. Wie siehst du das?

Ich persönlich finde es nicht mehr zeitgemäß. Trotzdem glaube ich, dass wir ein Verständnis und eine Akzeptanz schaffen müssen. Dazu gehört in meinen Augen, die eigene sexuelle Identität zu thematisieren. Man muss Normalität schaffen, um zu normalisieren. Das zeigt auch anderen, dass sie nicht allein sind. Es wäre aber schön, wenn alles zur Selbstverständlichkeit würde und es dieses Outing nicht mehr bräuchte.

 

Hast du in deinem Job die Möglichkeit, queere Themen einzubringen und dadurch vielleicht zu dieser Aufklärung beizutragen?

Meine Themen drehen sich um Promis. Bei diesen Geschichten kann man natürlich mehr in die Tiefe gehen und die Emotionalität dahinter beleuchten, als das bei faktenorientierten Formaten der Fall ist. Mein Team und ich können vorschlagen, worüber wir unbedingt einmal sprechen sollten und das wird in unserer Redaktion gerne angenommen. Diese Offenheit schätze ich sehr. Meine persönlichen Erfahrungen im Berufsleben sind echt sehr geradlinig und positiv. Findest du das komisch? (lacht)

Gar nicht. So soll es idealerweise sein!

Lass mich an dieser Stelle vielleicht einen Gedanken ergänzen, bevor wir zur nächsten Frage kommen: Ich hatte das Glück, schon als Kind ein großes Selbstbewusstsein aufbauen zu können, was mich und meine sexuelle Orientierung betrifft. Meine Eltern waren immer sehr unterstützend. Wäre das nicht so gewesen, wäre vermutlich alles ganz anders verlaufen. Hätte ich den Rückhalt nicht gehabt, hätte ich vielleicht Probleme damit gehabt, mich im Job zu outen. Glücklicherweise musste ich nicht viele Hindernisse überwinden. Das ist mir bewusst und ich verstehe sehr gut, wenn andere Menschen sich nicht einfach outen können, da sie auf diesem Weg viele Hürden bewältigen müssen. Vielleicht hat man privat schon viel durchgestanden und daher nicht die Kraft, sich im Job zu outen. Bei vielen sitzt die Angst tief, weil sie schreckliches erlebt haben. Das Verständnis dafür macht unsere Community aus.

Welchen Rat würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die im Berufsleben noch nicht zu sich und ihrer sexuellen Identität stehen können?

Da ein Outing ein so persönliches Thema ist, finde ich es sehr schwierig, anderen in dieser Sache einen Rat zu geben. Jede:r trägt sein oder ihr persönliches Päckchen mit sich. Bei manchen ist es die Familie, bei anderen die eigene Persönlichkeit oder die Religion. All diese Punkte können Hindernisse sein, vor anderen völlig zu sich selbst zu stehen. Der einzige Rat, den ich hier geben möchte: Du musst dich wohlfühlen, wie du lebst. Überlegt euch, was im schlimmsten Fall passieren könnte. Ganz oft ist die eigene Hürde größer als das, was danach tatsächlich kommt. Außerdem kann ein unterstützendes Netzwerk eine große Hilfe in diesem Prozess sein.

 

Können Unternehmen ein „Safe Space“ für Menschen sein, die sich privat nicht outen können oder wollen?

Auf jeden Fall! Wenn die Vorgesetzt:innen, so wie bei mir, einen entspannten Umgang mit LGBTIQ+ pflegen und rücksichtsvoll agieren, ist das sehr gut möglich. Der Job kann ein Platz sein, an dem man sich ausleben kann, ohne sich verstecken zu müssen. Das machen wir schon sehr gut und es ist nicht selbstverständlich.

Welche Entwicklungen wünscht du dir zukünftig bei ProSiebenSat.1 oder im PROUD-Netzwerk?

Wir sind alles andere als rückständig und ich finde, wir sind schon auf einem sehr guten Weg. Unsere Kultur ist offen, wir haben unser Proud-Netzwerk und sind dieses Jahr auf einer großen Veranstaltung präsent. Ich hoffe, dass wir diesen Weg weitergehen und weiterhin ein offenes Ohr für alle queeren Mitarbeiter:innen haben.

Abschließend: Gibt es etwas, was deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen könnten?

Die wenigsten wissen, dass ich eine klassische Gesangsausbildung habe. Neben meinem Studium in Passau habe ich regelmäßig in der Oper gesungen. Davon gibt es natürlich auch Beweisfotos, die ich jetzt aber nicht zeige. (lacht)