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Julia Rosenzweig

Queer im Job: Florian im Interview

„Für mich ist der Pride Month eine bedeutungsvolle Zeit der Anerkennung, des Stolzes und der Sichtbarkeit.“

Wir sind mitten im Pride Month und freuen uns, in diesem besonderen Monat einen neuen Gast in unserer "Queer im Job"-Interviewreihe begrüßen zu können. Seit 10 Monaten ist Florian, Manager Withholding Tax, bei ProSiebenSat.1 und teilt im Interview seinen ganz persönlichen Weg als queere Person, was der Pride Month für ihn bedeutet und warum es so wichtig ist, sich kontinuierlich für die Sichtbarkeit der queeren Community einzusetzen.
 

Lieber Flo, wir freuen uns sehr, dich als Gast in unserer "Queer im Job" -Reihe begrüßen zu dürfen!

 

Wir sind gespannt, dich als Person kennenzulernen. Erzähl uns doch, was du genau bei ProSiebenSat.1 machst.

Gerne. Ich bin Florian und seit 10 Monaten bei ProSiebenSat.1 als Manager Withholding Tax im Bereich Steuern tätig. Vereinfacht gesagt, kümmern mein Team und ich uns unter anderem um die quellensteuerlichen Aspekte internationaler Verträge sowie Rechnungen. Ein Beispiel: Wenn ProSiebenSat.1 Germany's Next Topmodel in den USA produziert, prüfen wir Rechnungen und Verträge auf etwaige Quellensteuer und führen diese ab.

Wenn du auf deine bisherige Karriere zurückblickst: hattest du jemals das Gefühl, dass deine sexuelle Orientierung Auswirkungen auf deinen Job hatte? 

Zum Glück hatte ich bisher nie das Gefühl, dass meine sexuelle Orientierung meine Arbeit direkt beeinflusst hat, zumindest nicht im Team. Es gab jedoch eine Situation in einem früheren Projekt mit einer externen Firma, in der ein Ansprechpartner versuchte, meine Integrität zu untergraben. Lange konnte ich mir die Spannungen nicht erklären, bis ich durch einen seiner Kollegen erfuhr, dass sein Verhalten auf meiner sexuellen Orientierung basierte. Das war wirklich erschreckend.

Hast du Lust, uns von deinem Coming-out-Prozess im privaten und beruflichen Umfeld zu erzählen?

Sehr gerne. Privat habe ich mich erst mit etwa 20 Jahren bei meinen Eltern geoutet, da ich unsicher war, wie sie reagieren würden und ich finanziell von ihnen abhängig war. Als ich dann meine Ausbildung begann, finanziell unabhängig wurde und meinen ersten festen Freund hatte, wagte ich diesen Schritt. Rückblickend hätte ich es früher tun sollen, denn für meine Eltern war das kein Problem und haben meinen Freund mit offenen Armen empfangen. 

Im beruflichen Umfeld war ich anfangs zurückhaltend, wollte aber auch nicht lügen. Ich habe mich schließlich irgendwann indirekt geoutet, indem ich von "meinem Lebensgefährten" erzählt habe. Auch hier habe ich gemerkt: Offenheit zahlt sich aus, baut Barrieren ab und vermeidet Unsicherheiten.

 

Wird deiner Meinung nach schon genug getan, damit queere Personen in der Gesellschaft mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit erfahren?

Ich finde in Deutschland wird schon einiges getan, aber es gibt immer noch Raum für Verbesserung. Ich finde es wichtig, dass Politik, Medien und Bildung an einem Strang ziehen. Dass man in der Bildung zum Beispiel schon früher ansetzt und Kindern zeigt, dass es viele unterschiedliche Lebenswege gibt. 

Leider gibt es aber auch teilweise Rückschritte in meiner Wahrnehmung. Gerade auf sozialen Netzwerken wird sich vermehrt gegen queere Menschen radikalisiert. In manch anderen Ländern sieht man leider schon, dass Erfolge, die man schon erzielt hatte, schnell wieder weggenommen werden. Deswegen ist es so wichtig, dass die Sichtbarkeit nicht abnimmt. 

Wie können Unternehmen diese Entwicklung unterstützen?

Ich denke es ist entscheidend, dass man Vielfalt in Unternehmen wirklich lebt. Wenn man das tut und diese Werte gleichzeitig authentisch nach außen trägt, ist es umso besser. Deswegen finde ich auch Veranstaltungen und Plattformen wie die Teilnahme am Christopher Street Day oder die „Queer im Job“-Interviews gibt, toll und unterstütze beides. 

 

Eine Frage darf natürlich wie immer nicht fehlen: Gibt es etwas, das deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen?

 Ja, das gibt es tatsächlich. Meine Kolleg:innen wissen, dass ich eine Fernbeziehung führe. Was sie jedoch nicht so genau wissen ist, dass ich im Jahr an die 100 Flüge habe, um meinen Freund an den meisten Wochenenden zu sehen.

Vielen Dank für dieses spannende Gespräch Flo und dass du deine Geschichte mit uns geteilt hast!