„Der Christopher Street Day ist auch heute im Kern noch für viele Teilnehmer:innen ein Ausdruck von Protest.“

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Julia Rosenzweig

Queer im Job: Luca im Interview

„Der Christopher Street Day ist auch heute im Kern noch für viele Teilnehmer:innen ein Ausdruck von Protest.“

HAPPY PRIDE MONTH! Das heißt für uns: Zeit für ein neues Queer im Job-Interview! Wir sprechen mit Luca, Account Manager bei der Seven.One Media. Er kommt ursprünglich aus Belgien und hat durch ein Auslandssemester seine Liebe für München entdeckt. Mit uns spricht er über seinen Job, darüber was der Pride Month für ihn bedeutet und was seine Kolleg:innen noch nicht über ihn wissen.  

Du hast erwähnt, dass du in deiner beruflichen Karriere schon immer sehr offen mit deiner sexuellen Orientierung umgegangen bist. Möchtest du dazu mehr erzählen?

Da würde ich sogar erstmal mit dem Privaten starten. Das spielte für mich eine größere Rolle. Auch wenn ich es für mich selbst wusste, hat es ein wenig gedauert, bis ich mich bei meiner Mutter und dann auch bei der restlichen Familie geoutet habe. Ich hatte Sorge, dass ich auf einmal anders wahrgenommen werde. In dieser Phase des Versteckens habe ich sehr viel Sport gemacht und in die Uni investiert. Für mich war das Schwul sein damals eher negativ behaftet und ich hatte das Gefühl, in anderen Dingen umso besser und erfolgreicher sein zu müssen. Meine Familie brauchte tatsächlich ein bisschen Zeit, heute ist es jedoch kein Thema mehr und sie verstehen sich super mit meinem Freund. 

Im beruflichen Kontext wiederum hat meine sexuelle Orientierung nie eine Rolle gespielt. Ich habe keinerlei Ablehnung erfahren und auch das Outing im Team war für mich unkompliziert. Mir war es wichtig, nicht plakativ zu sagen „Hallo liebes Team, ich bin übrigens schwul“, denn das macht ja auch keine heterosexuelle Person. Ich wollte das eher gleich am Anfang unterschwellig verpacken. Wenn andere von ihrem Wochenende erzählt haben, habe ich dann zum Beispiel erzählt, dass mein Freund und ich gemeinsam in den Bergen waren. 

Bezogen auf den beruflichen Kontext – was würdest du einer Person raten, die noch nicht entschieden ist, ob sie sich im Job outen soll oder nicht? 

Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, weil jeder Mensch anders mit so einer Situation umgeht und viele Faktoren hineinspielen, wie zum Beispiel, ob die Person bereits im privaten Umfeld geoutet ist, ob sie sich selbst akzeptiert oder wie offen oder konservativ Vorgesetzte und Kolleg:innen wirken. Hilfreich können in solchen Fällen zum Beispiel einzelne Bezugspersonen oder Netzwerke wie das PROUD-Netzwerk bei ProSiebenSat.1 sein, in dem man mit Mitgliedern vertraulich sprechen kann. Damit tastet man sich langsam ran. Die ersten Schritte sind die schwersten, das weiß ich aus eigener Erfahrung, aber in meinem Fall hat sich der Mut ausgezahlt.

Ich denke es ist normal, dass ein Outing in mehreren Phasen verläuft und es ist wichtig, sich dabei nicht unter Druck zu setzen. Ich habe für mich erkannt, dass man sich selbst akzeptieren muss, bevor man das von anderen erwartet. 

Hat sich deiner Meinung nach in den letzten Jahren in der Wahrnehmung queerer Personen in der Gesellschaft etwas verändert? Und wenn ja, was? 

Meiner Meinung nach hat sich definitiv etwas getan. Immer mehr, vor allem junge Menschen, identifizieren sich als queer auch dank der wachsenden Akzeptanz in der Gesellschaft. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass die Anerkennung verschiedenster sexueller Orientierungen immer größer wird. Es wäre toll, wenn sich eines Tages alle queeren Menschen outen können, ohne sich rechtfertigen zu müssen. Ich persönlich hatte dabei viel Glück, aber ich weiß, dass andere Personen leider sehr wohl Diskriminierung erfahren haben.

Um die Akzeptanz zu fördern, können auch Unternehmen etwas beitragen, indem sie das Thema „Diversity“ weiter vorantreiben. Meiner Meinung nach hat auch Social Media einen positiven Einfluss gehabt, weil man viel schneller mit Personen aus der Community in Kontakt kommt. Das war vor einigen Jahren noch nicht so. 

 

Gibt es etwas, das deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen?

Ja, sogar mehrere Dinge (lacht). Ich bin ein absoluter Fan Boy des Frühstücksfernsehen in SAT.1! Mir kommt es manchmal schon so vor, als würden die Moderator:innen zur Familie gehören, weil es morgens immer läuft. Außerdem war ich 16 Jahre lang bei den Pfadfinder:innen. Das war eine wirklich bereichernde Zeit, weil ich dort ein hohes Maß an Selbstständigkeit gewonnen habe.