Deckt sich diese Geschichte mit deinen Erfahrungen?
Nein! Bei SAT.1 Norddeutschland waren diese Ängste absolut unbegründet. Mein Vorgesetzter hat mich beispielsweise sehr unterstützt. Als ich mit der Botschaft auf ihn zuging: „Ich bin eigentlich eine Frau und möchte diesen Schritt jetzt auch wirklich gehen“, haben wir gemeinsam ein Konzept ausgearbeitet, wie wir das publik machen. Ihm war daran gelegen, dass ich mich damit gut fühle und zugleich die Kolleg:innen auch mitgenommen werden. Anstatt sie mit der Information zu überfahren, lohnt es sich, das Thema etwas behutsamer anzugehen. Zum Beispiel habe ich oft das Gespräch bei einem entspannten Kaffee gesucht. Und ich muss wirklich sagen, dass ich ganz großartige Unterstützung durch meine Führungskräfte und all meine Kolleg:innen erfahren habe und viel Zuspruch bekomme.
War dieses „Mitnehmen“ der Schlüssel?
Absolut! Die anderen müssen die Entwicklung ebenfalls mitmachen. Man darf nicht böse sein, wenn es anfangs immer wieder passiert, dass der alte Name genannt wird. Ich habe dann einfach einen Witz gemacht. Nach einem Jahr wurde ich dann schon etwas ernster, aber trotzdem sollte man ein gewisses Verständnis füreinander haben. Der gemeinsame Umgang muss respektvoll sein.
Hast du in deinem Berufsleben oder im Privaten schon einmal Erfahrungen mit Trans*phobie machen müssen?
Natürlich gibt es manchmal persönliche Grenzen, die überschritten werden. Oft bekam ich von meinen Mitmenschen zu hören: „Ist es überhaupt in Ordnung, das zu fragen? Du brauchst nicht antworten, wenn…“, und meine Reaktion war immer eindeutig: Sie können mich alles fragen und bekommen auf alles eine Antwort. Es freut mich, wenn gefragt wird, denn es signalisiert mir, dass mein Gegenüber sich damit auseinandersetzt und diese Auseinandersetzung nimmt Umgangsängste. Ich habe Trans*phobie weder bei SAT.1 Norddeutschland erlebt noch in meinem Freundeskreis oder bei meiner Familie.
Wie verhält es sich in der Öffentlichkeit?
Hier ist es tatsächlich etwas anderes! Meine Körpergröße beträgt zwei Meter, ich bin ungeschminkt und habe eine tiefe Stimme, die ich allerdings schon etwas hochpresse. Da fällt man natürlich auf, weil man „anders“ ist.
Was würdest du Personen, die einen queeren Hintergrund haben und mit Trans*phobie oder LGBTIQ*-Feindlichkeit umgehen müssen, mit auf den Weg geben?
Im Job hilft eine Kontaktperson ungemein und es ist wichtig, die Vorgesetzten mit ins Boot zu holen. Letztlich geht es darum, dass man Rückhalt spürt und sich einen sicheren Hafen aufbaut. In der Außenwelt ist es manchmal schwierig. Mein Tipp: Seid nicht leise, sondern geht auf die Leute zu und sucht das Gespräch! So überbrückt man eine gewisse Distanz. Denn wer weiß, vielleicht haben Außenstehende auch Angst, einen anzusprechen. In meiner frühen Phase traf ich beispielsweise auf dem Weg zu einer Party auf ein älteres Ehepaar, das meine Freundin und mich musterte. Ich dachte mir: Wenn sie Fragen haben, sollen sie doch direkt auf mich zukommen und habe sie angesprochen. Daraus hat sich dann ein interessantes Gespräch entwickelt.
Ist für dich Respekt dasselbe wie Toleranz? Ist man tolerant gegenüber LGBT+, wenn man respektvoll ist und umgekehrt?
Respektvoll miteinander umgehen heißt für mich, dass man sich mit der Thematik beschäftigt und die Anderen wirklich so nimmt, wie sie sind. Tolerieren hingegen bedeutet oft: „Ist mir egal“ – und das ist nicht genug. Ich würde mir wünschen, dass wir uns alle gegenseitig akzeptieren und uns mit Respekt begegnen und nicht nur tolerieren.
Gibt es etwas, das deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen?
Ja, warum ich Ronja heiße. Normalerweise geben dir die Eltern zur Geburt einen Namen und er beeinflusst dich dein ganzes Leben – ob nun positiv oder negativ. Es war für mich sehr wichtig, dass ich mich mit meinem Namen identifizieren kann. Tatsächlich hängt er mit dem Buch und der gleichnamigen Figur Ronja Räubertochter zusammen. Ich habe die Verfilmung wahrscheinlich schon 40-mal gesehen. Ich fand dieses kleine Mädchen immer toll, weil sie mit ihrem besten Freund aus der Räubergesellschaft ausbricht. Das hat mich sehr fasziniert. Was bisher vielleicht noch niemand wusste, auch ich begrüße den Frühling jedes Jahr mit einem Frühlingsschrei.