"Das eigene Coming-out ist nicht nur für einen selbst hochemotional; es verändert auch die Lebenswelt der Eltern.“ 

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Julia Rosenzweig

Queer im Job: Peter Krainer im Interview

"Das eigene Coming-out ist nicht nur für einen selbst hochemotional; es verändert auch die Lebenswelt der Eltern.“ 

"Das eigene Coming-out ist nicht nur für einen selbst hochemotional; es verändert auch die Lebenswelt der Eltern.“ 

Was hat dich dazu bewegt, Teil dieser Interviewreihe zu werden?


Ich finde es ein schönes Format und lese die Interviews sehr gerne, weil ich es spannend finde, wie andere Kolleg:innen mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen und wie ihre Sicht der Dinge sind. Ich glaube, dass es aber auch für Personen, die nicht zur Community gehören, eine schöne Möglichkeit ist, mehr über diese Themen zu erfahren. Denn je mehr man darüber spricht desto mehr Verständnis bekommt man. Ich freue mich auf jeden Fall, mich in die Liste der Teilnehmenden „einreihen“ zu dürfen.


Am 11. Oktober ist der „Coming Out Day“. Was verbindest du persönlich mit diesem Tag?


Ich denke, das Coming-out ist für fast alle ein hoch emotionaler Moment im Leben. Bis zu diesem Tag haben die meisten schon einen langen (inneren) Prozess hinter sich in dem sie sich stark mit sich selbst beschäftigt haben. Das kann dazu führen, dass man gar nicht daran denkt, wie dieser Moment für diejenigen ist, denen man das mitteilt. Sie hatten meist keine Zeit, sich auf diesen Moment vorzubereiten und das kann oft zu echten Missverständnissen führen. Mir selbst ist das auch erst viele Jahre später bewusst geworden, als ich im Zuge einer Galileo-Beitragsrecherche mit der Mutter zweier lesbischer Töchter gesprochen habe, die genau das beschrieben hat. Da habe ich zum ersten Mal erkannt, dass ich mit meinem Outing natürlich auch die Lebenswelt meiner Eltern verändert habe. Ich selbst hatte lange Zeit mich auf den Moment vorzubereiten, meine Eltern jedoch nicht. Gerade wenn man in einem Umfeld aufwächst, das etwas konservativer geprägt ist, darf man nicht erwarten, dass Eltern in diesem Moment direkt perfekt reagieren. Man muss ihnen Zeit geben sich an die neue Situation zu gewöhnen. Auch für sie bedeutet das so etwas wie ein Coming-out im Freundes- und Bekanntenkreis. 


Hast du dich in deinem Berufsleben aktiv geoutet? Falls ja, welche Erfahrung hast du damit gemacht?


Ich bin sehr dankbar, dass ich das gar nicht aktiv machen musste. Ich war nie an dem Punkt, an dem ich sagen musste „Hey liebe Arbeitskolleg:innen, ich muss euch heute sagen: Ich bin schwul. Ich liebe Männer“. Das wollte ich auch nicht, weil ich einfach als „Peter“ wahrgenommen werden wollte. Meine sexuelle Orientierung ist nicht das, was mich als Mensch ausmacht, sondern das sind ganz viele andere Facetten. Gleichzeitig habe ich es aber auch nicht verheimlicht. Es hat sich durch Gespräche einfach ergeben, wenn ich von meinem Partner gesprochen habe. Ich bin sehr froh in einem Umfeld zu arbeiten, in dem meine sexuelle Orientierung nie ein Problem war. Von Freunden bekomme ich nämlich mit, dass das woanders leider keine Selbstverständlichkeit ist. 


Hast du das Gefühl, dass betroffene Personen schon „laut“ genug sind? 


Ehrlich gesagt tue ich mir ein bisschen schwer mit dem Wort „laut“, weil es für mich kein positiv besetzter Begriff ist. Ich glaube, man muss nicht laut sein, um Verständnis zu bekommen. Denn manchmal habe ich es schon erlebt, dass das „Laut sein“ Leute auch abschrecken kann. Es kann Gefühle der Unsicherheit auslösen. Gleichzeitig ist es auch nicht richtig, komplett leise zu sein, denn dann sieht man uns vielleicht gar nicht. Das Wichtigste ist aus meiner Sicht, dass beide Seiten füreinander Empathie entwickeln. Am besten geht das, in dem man mit den Menschen interagiert, ihnen gegenübersitzt und die eigene Sichtweise erzählt. Das braucht Zeit und Geduld, ist aber in meinen Augen der richtige Weg. 


Welche Wichtigkeit misst du Unternehmensnetzwerken wie unserem PROUD-Netzwerk bei?


Ich finde ProSiebenSat.1 ist dahingehend ein wirkliches Vorbild. Wir haben so einen großartigen Umgang mit dem Thema und zeigen das auch nach außen hin. Keine:r unserer Kolleg:innen muss sich Sorgen machen oder Angst haben sich zu outen. Ich hoffe, dass davon auch andere Unternehmen lernen können.

 

Gibt es etwas, das deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen?


Was vielleicht noch nicht alle wissen: Ich heirate bald. Mein Partner und ich sind jetzt schon seit über zehn Jahren zusammen. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen. In zwei Wochen ist es so weit und so langsam setzt auch bei mir schon die Aufregung ein (lacht). 
 

Lieber Peter, wir gratulieren euch ganz herzlich zur Hochzeit und Danke für das vertrauensvolles Interview!