Hat deine sexuelle Orientierung jemals in deinem Job eine Rolle gespielt?
Nein, absolut nicht. Ich kann stolz sagen, dass ich bisher wirklich nur gute Erfahrungen mit meinen Arbeitgebern gemacht habe und mich nie explizit outen musste. Als ich bei ProSiebenSat.1 gestartet bin, stand zum Beispiel die Hochzeit mit meiner Frau kurz bevor und ich bin einfach ganz transparent damit umgegangen. Letztlich hat es auch überhaupt keine Rolle gespielt, denn: Ich bin Nicole und der Rest ist egal. Das finde ich großartig!
In meiner Vergangenheit habe ich über vier Jahre im öffentlichen Dienst gearbeitet. Dort hatte ich Kolleg:innen, die sich nicht getraut haben, sich im Job zu outen. Das hat mir wirklich das Herz gebrochen.
Was würdest du einer Person raten, die vielleicht Angst hat, eben diesen Schritt zu gehen?
Ich denke jede:r hat ein eigenes Tempo und niemand sollte sich gedrängt fühlen. Deshalb würde ich der Person immer raten: Nimm dir Zeit und wenn du es für richtig hältst, dann tu es. Und wenn du dich dafür entschieden hast, dann steh zu dir und deiner Entscheidung, denn das bist einfach du!
Du hast erzählt, dass du dich beruflich nie outen musstest. Möchtest du mit uns teilen, wie es im Privaten für dich war?
Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke an ein Outing vor meiner Familie anfangs etwas Angst gemacht hat, da ich streng katholisch erzogen wurde. Als ich es ihnen dann irgendwann relativ spontan gesagt habe, war es vor allem für meine Mama erstmal ein Schock. Mein Papa hat am besten reagiert und gesagt: „Super, noch eine Frau in der Familie“. Mittlerweile lieben alle meine Frau.
Hast du das Gefühl, dass die Akzeptanz queerer Personen in den letzten Jahren gestiegen ist?
Meiner Meinung nach haben wir in der Gesellschaft und im Arbeitsleben schon einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. In vielen Stellenanzeigen ist die Charta der Vielfalt zu finden und es wird verstärkt auf Diversität geachtet. Dadurch fühlen sich Mitarbeiter:innen angenommen und einfach normal. Auch, dass beim CSD so wahnsinnig viele unterschiedliche Menschen teilnehmen zeigt aus meiner Sicht, dass die Akzeptanz weiter steigt. Und aus aktuellem Anlass kann ich sagen, dass es toll ist, auch endlich seine:n Partner:in heiraten zu können!
Vielen Dank für diesen sehr persönlichen Einblick liebe Nicole! Zum Abschluss noch eine Frage, die wir allen unseren Interviewpartner:innen stellen: Gibt es etwas, das deine Kolleg:innen noch nicht über dich wissen?
Ja tatsächlich (lacht)! Meinen Vornamen „Nicole“ hat meine Mutter gewählt, weil ihr der Eurovision-Song „Ein bisschen Frieden“ so sehr gefallen hat. Die Sängerin Nicole hatte in meinem Geburtsjahr mit diesem Lied den Grand Prix gewonnen.
Dieses Interview wurde von Jessica Steffens geführt.